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Zeitgeistphänomen „Work-Life-Balance“

Wie sich Arbeit und Privates in die Quere kommen und dennoch voneinander profitieren.

Zitieren als: Hauser, A. (2012). Zeitgeistphänomen „Work-Life-Balance“. wissens.blitz (89). https://wissensdialoge.de/work-life-balance

Download: wissens.blitz (89)

Wie lassen sich Arbeit und Privatleben unter einen Hut bringen?“ Diese Frage stellen sich heutzutage die meisten berufstätigen Männer und Frauen. Es ist ein Ziel von vielen Erwerbstätigen, eine sogenannte „Work-Life Balance“ zu erreichen. Dieser Begriff geistert neuerdings durch Medien und Öffentlichkeit. Bei Nachfragen scheint auch jeder intuitiv zu wissen, was damit gemeint ist: Ein Gleichgewicht eben. Zwischen der Arbeit und dem Privaten. Klar. Das wollen ja alle. Doch was verbirgt sich genau hinter diesem trendigen Anglizismus Work-Life Balance? Die einzelnen Meinungen weichen hier stark voneinander ab. Wo soll denn genau ein Gleichgewicht bestehen? Hinsichtlich des Zeitaufwands? Oder geht es um einen psychischen Ausgleich, damit man nach der Arbeit abschalten kann?

Das Thema Work-Life Balance ist grundsätzlich ein sehr weites Feld. Es geht dabei jedoch weniger um ein Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Privatleben, sondern vielmehr um eine allgemeine Vereinbarkeit von Lebensbereichen.

Work-Life-Conflict oder Work-Life-Enrichment?

Arbeit und Privatleben sind mitunter schwer zu vereinbaren, weil sie oft die gleichen Ressourcen beanspruchen: Zeit und Leistungsfähigkeit. Beides Dinge, die wir nur begrenzt zur Verfügung haben. Das führt dazu, dass die Arbeit sich negativ auf das Privatleben auswirken kann, zum Beispiel wenn ich so lange arbeite, dass ich es nicht schaffe, pünktlich zum Abendessen nach Hause zu kommen.  Wenn ich mich bei der Arbeit dagegen so richtig auspowere, dann kann es auch vorkommen, dass ich abends so erschöpft bin, dass ich keine Energie mehr habe, um zum Beispiel mit Freunden ins Kino zu gehen. Und das obwohl ich vielleicht pünktlich zu Hause war. Konsequenzen solcher negativer Wechselwirkungen zwischen Arbeits- und Privatleben sind sogenannte Work-Life Konflikte, welche sich auch direkt auf die eigene Gesundheit auswirken und zu Stress, psychosomatischen Beschwerden und geringerer Arbeits- oder Lebenszufriedenheit führen können.

Natürlich gibt es nicht nur negative  Wirkungen der Arbeit auf das Privatleben. So kann man auch erst durch die Arbeit wertvolle Ressourcen generieren und davon im Privatleben profitieren. Wenn man sich bei der Arbeit besonders engagiert und  dadurch berufliche Erfolge erreicht, dann kann man zum Beispiel ein Gefühl der persönlichen Erfüllung mit nach Hause bringen. Erwirbt man bei der Arbeit bestimmte Kompetenzen, zum Beispiel in Konflikt- oder Problemlösung, so kann einem dies auch mal im Privatleben weiterhelfen. Diese gegenseitige Bereicherung von Lebensbereichen wird in der Fachliteratur als Work-Life Enrichment bezeichnet und wirkt sich positiv auf das allgemeine Wohlbefinden aus: wir sind zufriedener und weniger gestresst.

Fazit – oder wie Sie Ihre Work-Life-Balance finden

Es gibt kein Pauschalrezept für eine gelungene Work-Life Balance. Die Reflexion über die eigene Situation ist jedoch ein wichtiger erster Schritt: Wo habe ich Work-Life Konflikte? Welche Kompetenzen oder andere Ressourcen fehlen mir, um sie zukünftig zu vermeiden? Wie kann ich noch mehr Work-Life Enrichment anstreben? Darüber hinaus gilt es für jeden auch selbst herauszufinden, wie man generell mit den Grenzen zwischen Lebensbereichen umgehen möchte: Ist man eher ein Typ, der Arbeit und Privates gerne trennt? In diesem Fall sollte man besser auf Home Office verzichten, da Unzufriedenheit und unnötiger Stress die Folge sein können. Hat man aber ein großes Interesse daran, Privates und Arbeit auf diese Art zu verbinden, so spricht nichts dagegen, allerdings sind hier Selbstdisziplin und Struktur besonders wichtig.

Die Führungskraft ist gefragt, nach einer ersten Reflexion des Mitarbeiters die richtigen Ressourcen zur Unterstützung von Unternehmensseite anzubieten, zum Beispiel in Form einer persönlichen Weiterbildung. Beispielsweise können WissenschaftlerInnen der Ludwig-Maximilians-Universität München seit dem Jahr 2007 Weiterbildungsangebote des LMU Center for Leadership and People Management, eines Forschungs-, Trainings- und Beratungsinstituts, in Anspruch nehmen. Dort werden neben Trainings zu Führung und Zusammenarbeit auch Trainings zu den Themen Work-Life Balance, Entschleunigung und Zeitmanagement angeboten.

Literaturnachweis:
Allen, T. D., Herst, D. E. L., Bruck, C. S., & Sutton, M. (2000). Consequences associated with work-to-family conflict: A review and agenda for future research. Journal of Occupational Health Psychology, 5(2), 278–308.
Kreiner, G. E. (2006). Consequences of Work-Home Segmenta-tion or Integration: A Person-Environment Fit Perspective. Journal of Organizational Behavior, 27(4), 485–507.
McNall, L., Nicklin, J., & Masuda, A. (2010). A Meta-Analytic Review of the Consequences Associated with Work–Family Enrichment. Journal of Business and Psychology, 25(3), 381.

Zitieren als: Hauser, A. (2012). Zeitgeistphänomen „Work-Life-Balance“. wissens.blitz (89). https://wissensdialoge.de/work-life-balance