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New Work – ja, was ist denn nun „neu“ an der Arbeit?

Wenn wir verstehen wollen, wie New Work uns und unsere Arbeitsweise verändert, müssen wir zunächst einmal konkret werden, was genau sich an unserer Arbeitswelt überhaupt verändert (hat). Ich könnte dafür Schlagworte zusammentragen, die in aller Munde sind, bspw. holocracy, shared leadership, agile teamwork, design thinking, activity-based flexible office design, und und und…es bliebe das Gefühl, die Veränderungen einfach nicht richtig zu „fassen“ zu bekommen. Was sagt die Forschung denn zum Thema New Work?

Wenn wir verstehen wollen, wie New Work uns und unsere Arbeitsweise verändert, müssen wir zunächst einmal konkret werden, was genau sich an unserer Arbeitswelt überhaupt verändert (hat). Ich könnte dafür Schlagworte zusammentragen, die in aller Munde sind, bspw. holocracy, shared leadership, agile teamwork, design thinking, activity-based flexible office design, und und und...es bliebe das Gefühl, die Veränderungen einfach nicht richtig zu „fassen“ zu bekommen. Was sagt die Forschung denn zum Thema New Work?

Ich bin im Rahmen einer Literaturrecherche in anerkannten Fachzeitschriften aus dem Bereich Management auf einen Artikel gestoßen, der vielleicht etwas Licht ins Dunkel bringt, eine Meta-Analyse von Lauren Wegman und KollegInnen (2018 im Journal of Management veröffentlicht).

Ausgangsbasis für die Untersuchung war die Frage, ob und inwiefern sich Eigenschaften unserer Arbeit in den letzten Jahrzehnten verändert haben.

Welche Eigenschaften sollte man hier betrachten? Grundlage für Wegman’s Untersuchung war das „Job Characteristics Model“ von Hackman und Oldham, das in den 70er Jahren entwickelt wurde. Es werden dort fünf Eigenschaften von Arbeit unterschieden:

  1. Ganzheitlichkeit der Aufgabe („task identity“)
  2. Anforderungsvielfalt („skill variety“)
  3. Wichtigkeit der Aufgabe („task significance“)
  4. Autonomie („autonomy“)
  5. Rückmeldung („feedback from the job“)

Diese Eigenschaften beeinflussen unsere (intrinsische) Arbeitsmotivation, -zufriedenheit und -leistung in hohem Ausmaß und wurden deshalb in einer Vielzahl an Untersuchungen gemessen. Etwas mehr als 100 dieser Untersuchungen haben Wegman und KollegInnen nun zusammengefasst und analysiert, um die Frage zu beantworten, wie sich Jobs seit den 70er Jahren verändert haben. Sie hatten dabei die Annahme, dass die Ganzheitlichkeit der Aufgabe, die Anforderungsvielfalt, die Wichtigkeit der Aufgabe, Autonomie sowie die Verfügbarkeit von Rückmeldung über die Zeit zugenommen haben. Was denken Sie?

Überraschenderweise zeigten sich Veränderungen nur in Bezug auf zwei der Attribute, nämlich Anforderungsvielfalt und Autonomie – das übrigens auch, wenn für Komplexität des Berufs kontrolliert wurde; die Veränderungen waren also unabhängig von der allgemeinen Zunahme an Jobs, die ein hohes Ausbildungsniveau erfordern. Oftmals wird diskutiert, dass uns allen (insbesondere der „neuen Generation“?!) eine sinnstiftende und ganzheitliche Aufgabe wichtig ist, in der wir von Anfang bis Ende einen eigenständigen und signifikanten Beitrag leisten können, immer wichtiger geworden sei. Empirisch zeigt sich das in der Studie von Wegman et al. jedoch nicht.

In einer eigenen Datenerhebung haben Wegman et al. außerdem 25 Jahre lang (seit 1985) jährlich das Ausmaß an Interdependenz erfasst, also inwiefern man mit anderen kooperiert. Auch für die Interdependenz im Job finden sie eine Zunahme über die Zeit.

Und nun die Gretchenfrage: Haben diese Veränderungen unsere Arbeitszufriedenheit beeinflusst? Man könnte ja annehmen, dass die „modernen“ ArbeitnehmerInnen die Veränderungen wünschten, ja vielleicht heute sogar erwarten (können) und sie entsprechend auch schätzen. Dann wäre der Zusammenhang zwischen den Job Characteristics und der Arbeitszufriedenheit über die Jahre ebenfalls gestiegen.

Obwohl sich unsere Arbeit in Bezug auf Anforderungsvielfalt, Autonomie und Interdependenz verändert hat, bleib der Zusammenhang mit der Arbeitszufriedenheit über die Jahre gleich (es ist übrigens jeweils ein mittelstarker Zusammenhang). Das heißt, wir sind (im Mittel) nicht zufriedener im Job. Immerhin heißt dies auch, dass uns die gestiegenen Anforderungen im Job nicht unglücklicher gemacht haben!

Das Zwischenfazit lautet also: Seit den 70er Jahren haben die Anforderungsvielfalt, die Autonomie und die Interdependenz stetig zugenommen. Diese Veränderungen haben nicht dazu geführt, dass die Arbeitszufriedenheit stieg – sie sank aber auch nicht. Nach wie vor beeinflussen Anforderungsvielfalt, Autonomie und Interdependenz unsere Zufriedenheit im Job.

Und um die Ausgangsfrage zu beantworten: New Work – ja, was ist denn nun „neu“ an der Arbeit? Anforderungsvielfalt, Autonomie und Interdependenz haben seit den 70er Jahren stetig zugenommen.

Das ist doch ein guter Ausgangspunkt, New Work in den nächsten beiträgen des Themenspezials genauer zu betrachten, oder?

Wer den Artikel selbst lesen will und auch an weiteren Details zu den Methoden und Ergebnissen interessiert ist, findet die Studien hier:

Wegman, L. A., Hoffman, B. J., Carter, N. T., Twenge, J. M., & Guenole, N. (2018). Placing job characteristics in context: Cross-temporal meta-analysis of changes in job characteristics since 1975. Journal of Management, 44(1), 352-386.