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Wie fühlt sich Intuition an? Antworten von PraktikerInnen aus dem Personalbereich

Während sich viele frühere Forschungsarbeiten zum Thema Intuition den zugrundeliegenden kognitiven Prozessen, Möglichkeiten und Grenzen der Intuition gewidmet haben, geht eine Studie des bekannten Intuitionsforschers Eugene Sadler-Smith der Frage nach: Wie erleben Personen in der Praxis Intuition?

Während sich viele frühere Forschungsarbeiten zum Thema Intuition den zugrundeliegenden kognitiven Prozessen, Möglichkeiten und Grenzen der Intuition gewidmet haben, geht eine Studie des bekannten Intuitionsforschers Eugene Sadler-Smith der Frage nach: Wie erleben Personen in der Praxis Intuition?

wissens.blitz (189)

Ein Großteil der psychologischen Intuitionsforschung hat mit Hilfe ausgeklügelter Laborexperimente versucht, intuitive Prozesse zu verstehen. Studien haben gezeigt: Unter bestimmten Umständen liefert Intuition im Vergleich zu analytischem Denken schnellere und ganzheitlichere Urteile, wohingegen analytisches Denken vorteilhaft ist, wenn präzise Regeln eingehalten werden müssen. Die beiden Arten, Informationen zu verarbeiten widersprechen sich aber nicht, sondern können einander ergänzen (siehe wissensblitze 173, 178 und 187).

Eine empirische, qualitative Studie von Eugene Sadler-Smih (2016) geht nun den Fragen nach: Wie fühlt sich Intuition in der Praxis an? Und was zeichnet intuitive Erkenntnisse aus? Sadler-Smith bat 124 PraktikerInnen aus dem Personalbereich, an eine Situation zu denken, in der sie ihre Intuition einsetzten und fragte sie: „What happens when you intuit?“ (etwa: „Was passiert, wenn Sie Ihre Intuition einsetzen?“). Die linguistische Auswertung der Antworten erlaubt Rückschlüsse darauf, wie Intuition (a) gebildet, (b) erlebt und (c) genutzt wird.

Intuitions-Bildung: Vorerfahrungen

In Bezug auf die Bildung von Intuitionen beschreiben die Teilnehmenden, dass Sie auf Vorerfahrungen zurückgreifen und dann anhand von bestimmten Merkmalen der Situation (‚cues‘) Muster erkennen (z.B. „Ich erinnere mich an ähnliche Situationen“, „Ich nutze Wissen aus meinem ‚Hinterkopf‘“). Vorerfahrungen sind also die Grundlage dafür, welche Intuitionen in einer konkreten Situation gebildet werden.

Der Prozess der Intuitionsbildung wird als automatisch (z.B. „Ich weiß etwas, ohne es wirklich durchgedacht zu haben“), unbewusst (z.B. „Es fühlt sich an als ob die Antwort ‚aus dem Nichts‘ kommt“) und schnell (z.B. „Es ist meine unmittelbare Reaktion“) erlebt.

Intuitions-Erleben: „Gefühl“ und „Bild“

Wenn sich eine Intuition entwickelt, gelangt diese durch zwei Arten von Empfindungen ins Bewusstsein. Einerseits kann sich Intuition als Körperempfindung zeigen, oft als „Bauchgefühl“ (z.B. „Ich habe dann ein komisches Gefühl im Bauch“), aber auch als unspezifischere körperliche Empfindung (z.B. „Ich habe ein diffuses, warmes Gefühl in meinem Inneren“), die sich häufig in Metaphern ausdrückt (z.B. „ein Flattern im Bauch“).

Andererseits wird Intuition als kognitive „Empfindung“ bewusst, wie beispielsweise ein mentales Bild (z.B. „Ich bekomme ein Bild davon, wie alles zusammen hängt“), oder eine „innere Stimme“, die sagt, was richtig ist.

Intuitions-„Nutzung“

Ein weiterer in der Studie untersuchter Aspekt ist die Frage, wie die erlebte Intuition dann vom kognitiven System „genutzt“ wird. Unter anderem kann sie als positives oder negatives „Signal“ fungieren (z.B. „Es fühlt sich dann einfach völlig richtig an“, „Ich bekomme das Gefühl, dass etwas nicht stimmt“). Eine weitere Möglichkeit ist, dass die Intuition zu einer „Erkenntnis“ führt (z.B. „Ich habe dann eine Idee, wie ich das Problem lösen kann“).

Darüber hinaus kann Intuition ein bestimmtes Verhalten zur Folge haben, wenn sie als Vorahnung (z.B. „Ich habe ein Gefühl dafür, was passieren wird“) oder Urteil (z.B. „Ich weiß, was die bessere Wahl ist“) zum Einsatz kommt.

Fazit

Sadler-Smith kommt auf Basis seiner Ergebnisse zu dem Schluss, dass Intuition hoch relevant für PraktikerInnen ist und daher trainiert werden sollte. Insbesondere sollte auf die unterschiedlichen Arten geachtet werden, wie Intuition empfunden werden kann – körperlich/kognitiv – und wie diese Empfindungen genutzt werden können. Wichtig dabei ist zu berücksichtigen, dass Intuition immer auf eigenen Vorerfahrungen basiert und daher subjektiv ist. D.h. Intuition sollte zwar immer „gehört“, aber nur nach sorgfältiger analytischer Überprüfung auch in Handlungen umgesetzt werden.

Literaturnachweis: Quelle: Sadler-Smith, E. (2016): ‘What happens when you intuit?’: Understanding human resource practitioners’ subjective experi-ence of intuition through a novel linguistic method. Human Rela-tions 69 (5), 1069-1093.

Zitieren als: Kump, B. (2017). Wie fühlt sich Intuition an? Antworten von PraktikerInnen aus dem Personalbereich. wissens.blitz (189). https://wissensdialoge.de/wie-fuehlt-sich-intuition-an